Mit der Privatsphäre ist es heutzutage echt so eine Sache: Während die einen sich peinlich berührt fühlen, wenn ihre Hauswand von der öffentlichen Straße aus fotografiert wird, scheinen andere jedes Schamgefühl verloren zu haben. Das Facebook eher zur letzten Gruppe gehört, ist ja kein Geheimnis. Für Zuckerberg ist Privatsphäre ja nicht mehr zeitgemäß. Wenn aber genau dieses Unternehmen sich verantwortlich fühlt, seine Nutzer vor Arbeitgebern zu schützen, dann liegt wohl wirklich was im Argen.
Laut dem Golem-Artikel „Facebook warnt Arbeitgeber, nach dem Passwort zu fragen“ nehme die Zahl an Arbeitgebern „besorgniserregend“ zu, die ihre Bewerber nach den Zugangsdaten für das soziale Netzwerk fragen. Sie wollen sich über das persönliche Umfeld des potentiellen Mitarbeiters informieren.
Der Artikel ist relativ vage, vor allem wirkliche Zahlen fehlen. Auch ob Deutschland betroffen ist, ergibt sich leider nicht. Dennoch bin ich ziemlich erschrocken. Aus zwei Gründen.
Wie kann ein Arbeitgeber so eine unverschämte Frage stellen? Wie kann man sich anmaßen private Daten zu fordern, welche die meisten nicht einmal in der eigenen Familie zur Verfügung stellen würden? Da fällt einem doch nichts mehr ein.
Und andererseits: Wie weit ist es mit unserer Gesellschaft denn schon gekommen, dass es überhaupt zu solchen Fragen kommen kann? Offensichtlich setzen die Personalleute ja darauf, die gewünschten Daten auch zu erhalten. Gibt es wirklich Leute, die sich darauf einlassen?
Und wenn ja: Haben diese Leute gar kein Gefühl für Privatsphäre mehr? Oder sind sie so erpressbar geworden?
Was darf der Arbeitgeber überhaupt fragen, was über die Qualifikation hinaus geht? Raucher? Gesundheitszustand? Sportliche Betätigungen? Parteienzugehörigkeit?
Wie weit würdet Ihr gehen? Wenn Ihr vor dem perfekten Job steht? Und wenn Ihr ziemlich sicher wisst, dass nichts Negatives zu finden sein wird? Lässt man kurz die Hose runter? Einen Tag in der Würde verletzt, aber für den Rest des Lebens glücklich?
Wenn ein Arbeitgeber nach meinen Passwort fragt, kann es nicht mein Wunscharbeitgeber sein. Ganz einfach ist das.
Genauso sehe ich das mit dem restlichen Punkten. Wenn ein Arbeitgeber zu viel persönliches wissen will, was ich nicht preisgeben möchte, dann ist er einfach nicht perfekt.
Und wer sagt, ob er das nicht irgendwann später erneut einfordert? Oder sogar noch schlimme Sachen, wie zum Beispiel:
Du hast auf deinem Profil noch nicht unsere Firma angeklickt. Mache das doch bitte. … Schreibe doch mal was schlechtes über den und den. … Du hast neulich die Konkurrenz gelobt.
Wieso sollte er dich bitten das zu tun? Er hat doch dein Passwort und kann es selber machen 😉
Aber wie gesagt, so von außen sagt man das immer so. Ich frage mich nur, ob man mal in die Situation kommen kann, wo man solche elementaren Grundsätze mal fallen lässt, um voran zu kommen. Offensichtlich scheinen es ja einige Leute zu machen…
Ein paar schöne Kommentare gibt es auch im zugehörigen Diaspora-Post.
Interessant. Habe ich vorher noch nicht gehört. Kann mir aber nicht vorstellen, dass das rechtlich gestattet ist. Das greift doch eindeutig in die Privatsphäre ein.
Die Frage ist halt, wie man sich dagegen wehren könnte. Bestimmt schwer sowas zu beweisen.
Natürlich wäre auch noch wichtig, wie sich die Firma/der Chef da verhalten würde, wenn man nein sagt.
Ist auch immer schwer sich da so genau hinein zu versetzen. Ich habe das Glück gehabt, bisher mit ziemlich vernünftigen Menschen zu tun gehabt zu haben. Im Allgemeinen würde ich das jedoch ablehnen, denke ich.