Sale? Schluss mit dem Ausverkauf der deutschen Sprache!

Schluss mit dem Ausverkauf der deutschen Sprache
Fenster des Rostocker Ladens „Fliegende Fische“

Beim Schlendern durch die Rostocker Innenstadt fiel mir schon vor einigen Wochen ein Laden besonders auf: In großen Buchstaben war dort das Wort „SALE“ zu lesen, was momentan nichts besonderes mehr ist. Im Gegenteil: Es ist wohl das Wort, welches man in den Fußgängerpassagen am meisten zu sehen bekommt. Das besondere an besagtem Schild: „SALE“ war dort durchgestrichen und wurde von einem ebenso großen „SCHLUSSVERKAUF“ begleitet. Eine unterstützungswürdige Aussage die mittlerweile auch schon Nachahmer gefunden hat. Zumindest an einigen Stellen ist somit „Schluss mit dem Ausverkauf der deutschen Sprache“.

Über meine Zweifel an Werbeexperten…

Schluss mit dem Ausverkauf der deutschen Sprache
Schaufenster des Rostocker Ladens „Fliegende Fische“

Es freut mich zu sehen, dass ich nicht der einzige bin, der sich am neuen Anglizismenwahn stört. Vor allem die meist weiß-roten „SALE“-Aufdrucke haben ein kritisches Niveau erreicht, in dem vor allem auch jede Werbewirksamkeit bezweifelt werden darf. Wenn fast ganzjährig nahezu jedes Geschäft mit eben diesem Wort wirbt, sind Menschen bekanntermaßen sehr gut darin, eben diese Botschaften zu ignorieren. Und überhaupt: Laut Wikipedia „gab fast die Hälfte (45 %) der über 14-jährigen Deutschen an, keine Fremdsprache zu sprechen oder zu verstehen“. Ich frage mich, wie sich Werbefachleute behaupten können, die ein mächtiges Werbewort wie „Schlussverkauf“ durch eines ersetzen, welches (mal optimistisch geschätzt) die Hälfte der potentiellen Kunden gar nicht versteht.

Sprachkultur war gestern…

Quelle: http://www.pimkie.de/ vom 13. 7. 2011

Einer der größten Verfechter schlechten Geschmacks ist diesbezüglich der Modehändler „Pimkie“. In deren Läden sah man eine Zeit lang Werbeschilder, auf denen mittig das Wort „SALE“ und darum in 20, 30 anderen Sprachen die entsprechende Übersetzung stand – nur nicht die deutsche! Das graue Hintergrundbild des Website-Ausschnitts deutet dies noch an. Überhaupt läuft es einem auf der Startseite schon kalt den Rücken herunter, wenn man Ausdrücke wie „ALLES IM SALE“ lesen muss. Und ob der Konzern mit seinem „FINAL SALE“ nun sein endgültiges Ende verkündet oder zugeben will, dass alle vorigen Nur-Sale-Aktionen nur Verarschung waren, kann an dieser Stelle nur gemutmaßt werden.

Die Aktion „Schluss mit dem Ausverkauf der deutschen Sprache“

Umso schöner ist es, dass sich einige Läden gegen diese Entwicklung stellen wollen. Mittlerweile habe ich in der Rostocker Innenstadt schon vier Läden gefunden, die sich an der Aktion beteiligen. Diese scheint von der „DEUTSCHEN SPRACHWELT“ auszugehen, auch wenn deren Aufkleber komischerweise etwas anders aussehen:

Quelle: http://deutschesprachwelt.de/berichte/pm-2009-01-30.shtml

Etwas komisch finde ich den Verein ja doch: „Schluss“ wird nicht gerade erst seit gestern mit Doppel-s geschrieben. Auch die Großschreibweise „DEUTSCHE SPRACHWELT“ in der Presseerklärung mutet etwas komisch an: Muss man alles mitmachen was falsch und schlechter lesbar ist? Auch beim obigen Bild hätte ich mir doch einen Bindestrich zwischen „SCHLUSS“ und „VERKAUF“ gewünscht. Auch finde ich Schlussverkauf schöner als „SCHLUSSVERKAUF“.

Aber was beschwere ich mich? In einer Zeit, in der mir ein deutsches Wort in einer deutschen Fußgängerzone einen Blog-Artikel wert ist, sollte man nicht über Schreibweisen streiten. Da gehe ich lieber noch mal in die Stadt und erfreue mich an den schönen Wörtern. ICH BRAUCHE OHNEHIN NOCH EINE NEUE FESTSTELLTASTE…

20 Kommentare

  1. interessanter Artikel, jedoch solltest du wohl den Untertitel deines Blogs nun etwas weiter fassen oder verfügst du über ein Argument, sodass dieser Artikel noch in Netzkultur und IT fälllt?

  2. Ich verstehe den Untertitel doch eher als grobe Orientierung für den Besucher, nicht als Einschränkung für mich. Sonst müsste ich ja immer überlegen, ob ich zu einem Thema nun schreiben kann oder dann den Titel ändern muss.

    Habe ja auch schon mal was über Ölkonzerne geschrieben. „Netzkultur, IT, Ölkonzerne und Sprache“ ist ja etwas blöd und müsste wie gesagt jedes mal geändert werden. Für Verallgemeinerung streut das meiner Meinung nach schon zu weit, das geht dann in Richtung „Über alles“ oder „Alles was mich interessiert“…

    Anderer Ansatz wäre höchstens ein nicht-inhaltsbezogener Titel. Aber ich fänds schon schön wenn es zur Orientierung dient.

    Wie willst du es denn auf lange Sicht machen? Vorschläge höre ich mir gerne an 🙂

  3. Diese Schaufenster“werbung“ ist beste Wahlhilfe für die NPD. Kein Wunder, dass die NPD mit 6% in den Landtag von M-V eingezogen ist. Jetzt kennen wir auch die Unterstützer.

  4. Ja klar, der Rostocker Klamottenladen „Fliegende Fische“ ist als rechtsradikaler Szenetreff bekannt 😉

    Im Ernst, Du solltest Menschen, denen was an ihrer Sprache liegt, nicht NPD-Unterstützer nennen. Das ist doch sehr beschränkt und beleidigend. Ich bin jedenfalls seit zehn Jahren Sozialdemokrat und begrüße diese Aktion trotzdem.

    Alle anderen Parteien haben übrigens auch in deutscher Sprache geworben.

  5. Die Initiative ging 2009 von der Deutschen Sprachwelt aus, die seit 2006 im Verdacht stehen, scheinbar mit der NPD zu liebäugeln. Im Übrigen geht es ja nicht um die Verwendung der deutschen Sprache, sondern um die gewählte politische Aussage. Mir ist deutschlandweit kein Laden bekannt, der an dieser Aktion teilgenommen hat.
    Schon gar nicht in Städten mit internationalem Publikum. Auch ist die Gestaltung mit der schwarz-weissen Schrift bei Nikoalus sogar noch schlimmer.

  6. Wie gesagt, zu diesem Verein konnte ich auch nicht viel finden. Über NPD-Verwicklungen aber auch nicht.

    „Im Übrigen geht es ja nicht um die Verwendung der deutschen Sprache, sondern um die gewählte politische Aussage.“

    Das verstehe ich so nicht. Der Aktion selbst kann man nur eine sprachliche Sicht entnehmen, politisches wird dort nicht angesprochen. Wie gesagt, kann ja alles sein, aber ohne jede Quelle habe ich hier eher den Eindruck, dass du da was reininterpretierst, was so (jedenfalls für mich) nicht zu sehen ist.

    „Mir ist deutschlandweit kein Laden bekannt, der an dieser Aktion teilgenommen hat.“

    In Rostock waren es einige und ich habe keine Kritik daran gehört. Und hier sind Vereine wie Bunt statt Braun immer sehr aktiv, wenn etwas nur entfernt nach NPD riecht.

    Ein internationales Publikum willkommen zu heißen erfordert ja wohl nicht, die eigene Sprache über Bord zu werfen und somit zu erreichen, dass weit über die Hälfte der Bevölkerung in der Fußgängerzone gar nichts mehr versteht.

    Was du gegen schwarz-weiße Schrift hast und was Nikoalus ist verstehe ich leider nicht.

  7. Genau bei deinem Beitrag geht es los: „[…] schwarz-weissen Schrift […]“

    Die Jugend von heute weiß noch nicht mal, wie man weiß schreibt. Viele denken (das will ich dir jetzt nicht unterstellen), dass das ß ausgestorben ist. Aber zum Glück gibt es diese Eigenschaft der deutschen Sprache noch.

    Schwarz-Weiß-Rot ist nun mal eine geile Kombination. Das diese Farben vorbelastet sind, ist mir egal und finde ich auch nicht störend.

    Und im Deutschen wird das Wort „deutsch“, wenn es als Adjektiv genutzt wird, klein geschrieben. Das ist auch so etwas, was sich viele durch die englische Sprache angewöhnt haben. Ich schließe mich da nicht aus.
    Das ist dann auch wieder ein Beispiel dafür, dass wir auf unsere Sprache achten sollten.

    Meine Oma hat zwar diese Aktion nicht mitbekommen, aber als ich ihr davon erzählte, fand sie das sehr gut. Sie hatte mal eine Verkäuferin gefragt, was denn dieses „Sale“ (lest das mal im deutschen Wortlaut) bedeutet. Die Verkäuferin konnte meiner Oma keine Antwort geben.

  8. Vielen dank für diese Klarstellung. Ich hatte schon Angst, mit diesem Artikel NPD-Sympathisanten auf die Schultern geklopft zu haben. Dass die deutsche Sprache als Interesse des rechten Randes abgetan wird, ist in der Tat erschreckend.

    Interessant ist auch, dass die wenigen Sprachschützer, wie du sie nennst, auch noch in zwei Lager zerfallen: Die der „traditionellen“ und die der neuen deutschen Rechtschreibung. Ich bin jedenfalls froh die neue gelernt zu haben und nicht alle Wörter mit ß auswendig lernen musste 😉

  9. „Laut Wikipedia „gab fast die Hälfte (45 %) der über 14-jährigen Deutschen an, keine Fremdsprache zu sprechen oder zu verstehen“. Ich frage mich, wie sich Werbefachleute behaupten können, die ein mächtiges Werbewort wie „Schlussverkauf“ durch eines ersetzen, welches (mal optimistisch geschätzt) die Hälfte der potentiellen Kunden gar nicht versteht.“

    Ich bin der Meinung, dass die Tatsache, dass fast die Hälfte der über 14-jährigen Deutschen angaben, keine Fremdsprache zu sprechen bzw. zu verstehen, nicht relevant damit ist, ob die jungen Leute das Wort „sale“ wohl verstehen oder nicht. Fremde Wörter können doch verstanden werden, auch wenn man die Sprache nicht spricht oder versteht. Fast alle Leute (würde ich sagen – leider habe ich kein besseres Beispiel gefunden) versteht das Wort „clever“ oder „easy“, obwohl nicht jeder Englisch spricht oder verstehen kann. Fremde Wörter werden in die Sprache einbezogen und „gehören“ irgendwie dann zu der deutschen Sprache. Das ist der Fall von „sale“. Sobald das Wort von den Leuten benutzt wird, kann man sagen, dass es zu der deutschsprachigen Gemeinschaft „gehört“.

  10. Deine Argumentation ist richtig… Bis zu der Sache mit „Sale“. Sicher werden Fremdwörter immer wieder adaptiert und auch verstanden, wenn man die andere Sprache nicht spricht. Das ist bei Sale aber nicht passiert. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass die Mehrheit der Deutschen gar nicht oder zumindest nicht sicher weiß, was das Wort bedeutet. Es ist nicht Teil des Sprachgebrauchs und somit auch kein eingedeutschtes Wort. Ich kenne niemanden (sag, wenn es bei dir anders ist), der Sätze wie „Ich geh‘ zu C&M, da ist heute Sale!“ sagt. Keinen einzigen. Überhaupt habe ich das Wort glaube ich so gut wie nie in deutschem Kontext ausgesprochen gehört.

    Es wurde von der Werbeindustrie mit aller Macht versucht, es als „cool“ unters Volk zu bringen. In meinen Augen hat es nicht geklappt. Das Wort an sich hat es nicht in die Sprache geschafft und zudem jede Werbewirksamkeit verloren (oder eben gar nicht erst gehabt).

  11. Ich möchte wieder deutsch lesen und verstehen können , wenn ich was kaufe. Namen wie Sale, Challenge, da kommen mir Schauer über den Rücken ,wenn ich im Duden erst gucken muss was das heißt .

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