Am Samstag hatte ich ein „schönes“ Erlebnis am Rostocker Hauptbahnhof. Schon während ich zehn Minuten für eine Fahrkarte angestanden habe (vier Euro für drei Stationen, wenn das so weiter geht kann man auch bald Taxi fahren) konnte ich zusehen, wie die Leute an dem grandiosen Wir-brauchen-kein-Bahnhofspersonal-mehr-Automaten verzweifelten. Zwar stand ein Bahnbeamter neben dem Automaten, dieser hielt es aber anscheinend nicht für nötig, den Leuten bei ihrer Buchung unter die Arme zu greifen. Schon bei den Leuten vor mir gab der Automat die angekündigten zehn Cent Wechselgeld nicht aus…
Keine Zeit zur Beschwerde
Nun war es bei den Leuten wie bei fast allen anderen auch: Sie waren unter Zeitdruck (wer plant schon zehn Minuten für den Fahrkartenkauf ein?) und als auch der Bahnmitarbeiter keine Regung zeigte, entschieden sie sich auf das Geld zu verzichten und liefen zu ihrem Zug.
Nun war ich an der Reihe. Der gerade gesehene Fehler des Automaten machte mich zwar stutzig, als Reisender hat man aber kaum eine Wahl:
- Man will ja mit dem Zug fahren, braucht also schnell eine Fahrkarte
- Der Bahnmitarbeiter wird einem ja zumindest helfen, wenn man ihn darauf anspricht
- Der Vorfall war ja sicher Zufall und würde schon nicht noch einmal geschehen
Natürlich passierte es doch: Auch bei mir blieben zehn Cent über und die Anzeige des Automaten kündigte den Auswurf des Geldes an. Aber nichts geschah. Toll. Aber da ist ja noch der Bahnmitarbeiter…
Mitarbeiter von der Bahn sind für den Fahrkartenverkauf nicht verantwortlich
Mit einem etwas überheblichen Lächeln stellte der Mitarbeiter nach meinem Hinweis auf das Problem fest, dass doch die Nummer der technische Hotline für Störungsfälle des Automaten auf eben diesem draufstehe. Er selber sei weder dafür zuständig, noch könne er etwas dagegen machen. Die Aufforderung, den Automaten als defekt oder zumindest nur begrenzt funktionsfähig zu kennzeichnen, lehnte er ab: Er habe das Problem nicht direkt gesehen und könne daher nicht sicher sein, dass es existiere. Womöglich die freundliche Art von „ist mir egal und ich glaube dir eh nicht“.
Ein Anruf bei dem technischen Dienstleister hätte mich von meinem Mobiltelefon 42 Cent pro Minute gekostet. Dass der Bahnmitarbeiter diesen Anruf nicht übernehmen oder mir gar eine vernünftige Nummer nennen wollte versteht sich von selbst. Es war ja schließlich auch mein Fehler: Der ehrliche Kunde ist immer der Blöde. Das gilt eben auch für die Bahn.
Systematischer Wechselgeldbetrug?
In solch einer Situation fühlt man sich machtlos: Ich wurde um mein Wechselgeld dreist betrogen und habe zwei Möglichkeiten:
- Ich kann es hinnehmen, dass ich betrogen wurde und meine Reise fortsetzen.
Verlust: 10 Cent Wechselgeld und eine große Portion Würde - Ich kann anrufen, Stunden auf den Techniker warten, meine zehn Cent wiederbekommen und mit etwas Glück und 20 Minuten Streitgespräch sogar einen Euro und 26 Cent für das nötige Telefongespräch. Losfahren bräuchte ich dann aber nicht mehr.
Verlust: 4 Euro für die nun nicht mehr benötigte Fahrkarte oder eine Menge Stress durch das Verpassen des Zuges
Da sich 99 Prozent aller Kunden genau wie ich für die erste Option entscheiden, bleibt eine böse Vermutung, warum der Bahnmitarbeiter kein Interesse daran hatte, den Automaten als defekt auszuzeichnen.
Und auch wenn man nicht wirklich glauben mag, dass Konzerne die wie die Deutsche Bahn es nötig haben, die Kunden systematisch um ihr Wechselgeld zu betrügen, so bleibt doch ein bitterer Nachgeschmack: Kunden werden massenweise betrogen und haben keine Möglichkeit, sich zu wehren. Und was noch schlimmer ist: Den meisten ist es egal. Ein lächelndes Abtun („es waren ja nur zehn Cent“) ist die Regel. Dass das dahinterstehende Unternehmen einen somit betrogen hat, dass man nichts dagegen machen kann und dass für die Firma, die das zumindest bewusst hinnimmt, auch noch eine Menge Geld zusammenkommt, machen sich die meisten leider nie bewusst…
Vielleicht auch kein Wunder, dass der Typ nicht helfen wollte. Spiegel Online berichtete heute: „70 Prozent der Bahn-Mitarbeiter sind unzufrieden“. Vielleicht ist es ihm einfach mal egal, wie sein Unternehmen nach außen wirkt.
Ich habe vor 2 Wochen an der S-Bahn-Haltestelle Parkstraße auch etwas interessantes mitbekommen:
Eine Frau wollte sich am Automaten eine Fahrkarte kaufen (1,70€) und hat dann ein 2€-Stück reingeworfen. Nachdem sie das getan hatte, zeigte ihr der Automat an, dass das (aus welchen Gründen auch immer) nicht kann und die Frau stand letztendlich ohne Fahrkarte und mit 2€ weniger da.
Und was mir auch schon einmal passiert ist:
Ich wollte meinen Koffer in ein Schließfach packen und das kostet dann 4€. Schade nur, dass er das erste 2€-Stück nicht „erkannt“ hat. Letztendlich durfte ich dann 6€ dafür bezahlen. Und das war kein Einzelfall. Bei meiner Mom hat so ein Schließfach auch mal 50ct nicht „mitbekommen“.
Dein Vermutung teile ich also auch schon ein bisschen länger.
Vor allem sollte man ja denken, dass sie Automaten so gebaut werden, dass im Zweifel einfach alles wieder ausgegeben wird.
Aber der wirkliche Skandal ist für mich, dass da meist keinerlei Personal ist. Selbst auf dem Hauptbahnhof findet man niemanden. Und wenn dann mal doch einer da ist, passiert eben sowas wie im Artikel…
So schaut’s aus.
Immer diese Leute mit ihrem Monopol.
Da die Fahrkartenautomaten an meinem Bahnhof sehr häufig defekt waren und eingeworfenes Geld nicht erkannt haben bzw. kein Wechselgeld gegeben haben, hatte ich es mir zur Gewohnheit gemacht, meine Fahrkarten grundsätzlich nur per Geldkarte zu kaufen.
Nun wurden vor ein paar Jahren neue Automaten installiert und ich dachte mir heute, ich könnte es ja mal wieder wagen, mit Bargeld zu zahlen. Naja, meinen 20 Euro-Schein hat der Automat erkannt – nur die 2,70 Euro Rückgeld hat er nicht ausgegeben. Im Internet gibt es leider kein Formular, um eine Rückerstattung des Geldes zu beantragen – da müsste ich schon zum nächsten Hauptbahnhof fahren und dort das Formular ausfüllen. Da mich Hin- und Rückfahrt zum Hbf mehr kosten als 2,70 Euro, muss ich die Sache wohl zähneknirschend hinnehmen und zukünftig wieder mit Geldkarte zahlen.
Ja, genau das ist ja das Problem. Wer rennt seinen zwei Euro schon hinterher. Allein deswegen müsste man das machen.
Zum Hauptbahnhof kannst du ja passenderweise den Zug nehmen. Gleich Hin- und Rückfahrkarte kaufen und auch deren Erstattung einfordern. So dreist können die ja hoffentlich nicht sein, das abzulehnen… Aber falls doch hat man noch mehr miese gemacht oder muss es mit einem rechtlichen Beistand versuchen. Also noch schlimmer.
Es ist so eine Ohnmacht und kaum abzusehen, dass sich hier für den Verbraucher mal was ändert. Zumindest theoretisch kann er sein Geld ja wiederholen…